Einleitung: Warum sich viele Recruiter:innen auf Cloud-Zertifikate verlassen – und dabei systematisch scheitern
Zertifikate wie „AWS Certified Solutions Architect“ oder „Google Cloud Professional Cloud Architect“ vermitteln ein trügerisches Gefühl von Sicherheit. Wer ein Badge trägt, kann doch nicht völlig ungeeignet sein – oder? Genau das ist der fundamentale Irrtum in vielen Recruiting-Prozessen.
Denn Cloud-Zertifikate prüfen keine Produktionsverantwortung. Sie sagen nichts über Incident Management, CI/CD Ownership oder Architekturentscheidungen unter Druck aus. Sie beweisen, dass jemand Prüfungsinhalte auswendig gelernt hat. Nicht mehr.
Wer Tech-Positionen auf Zertifikatsbasis besetzt, stellt Menschen ein, die eine Prüfung bestehen – nicht Menschen, die Systeme in der Realität betreiben können. Und genau deshalb führen diese Entscheidungen zu Fehleinstellungen, zu Produktionsproblemen und zu Vertrauensverlust im Engineering-Team.
Was Cloud-Zertifikate wirklich prüfen – und welche Kompetenzlücken sie systematisch offenlassen
Die große Stärke von Cloud-Zertifizierungen ist ihre Standardisierung. Doch genau das ist auch ihr größtes Problem: Sie lassen sich auswendig lernen. Und sie lassen sich bestehen, ohne je produktiv in einem realen Cloud-Setup gearbeitet zu haben.
AWS Certified Solutions Architect – Associate (SAA-C03)
Geprüft werden szenarienbasierte Entscheidungen zur Auswahl geeigneter Dienste wie EC2, S3, RDS, Lambda oder VPC. Es geht um Hochverfügbarkeit, Kostenoptimierung, Resilienz und grundlegende Sicherheitskonzepte.
Was fehlt: Kein Umgang mit CLI, SDK oder APIs. Kein Terraform, CDK oder CloudFormation. Kein Troubleshooting, keine Landing Zones, keine SCPs. Kein Logging, kein Budget Monitoring, keine Alert-Strukturen. Wer diese Prüfung besteht, hat AWS verstanden – auf dem Papier.
Azure Architect Expert (AZ-305)
Hier liegt der Fokus auf konzeptionellen Architekturfragen mit klassischen Azure-Diensten. Man trifft hypothetische Entscheidungen, ob App Services oder Kubernetes geeigneter ist, ob ein SQL-Dienst oder Cosmos DB passt.
Was fehlt: Kein Bicep, kein Terraform, keine ESLZ-Strukturen, keine Azure Policies, kein Role Design. Auch CI/CD, Logging, Cost Governance oder Incident-Kommunikation spielen keine Rolle.
Google Cloud PCA
Die Google-Prüfung gilt als die anspruchsvollste im Vergleich. Sie setzt breites Wissen über GCP-Dienste voraus und prüft deren Anwendung in unternehmensnahen Szenarien.
Was dennoch fehlt: Kein Zugriff auf gcloud CLI. Kein Audit Logging. Keine Organisation Policies. Kein Cloud Build, kein GitOps, keine Secrets-Verwaltung. Kein Alert Routing, keine Monitoring-Strategie. Auch hier: Wissen, aber keine Verantwortung.
Warum Zertifizierte oft keine produktive Cloud-Erfahrung mitbringen
Wichtig vorweg: Dieser Abschnitt richtet sich nicht gegen Cloud Engineers, die sich Zertifikate erarbeitet haben. Im Gegenteil – wer ein Zertifikat besitzt und zugleich produktiv gearbeitet hat, bringt eine wertvolle Kombination aus Theorie und Praxis mit. Viele erfahrene Engineers haben ihre Zertifizierungen strategisch absolviert, um ihr Wissen zu strukturieren oder sich für bestimmte Rollen zu qualifizieren. Aber genau diese Personen wissen auch, wie viel zwischen Prüfungsfragen und Produktionsverantwortung liegt. Dieser Artikel kritisiert nicht die Zertifizierten – sondern die Recruiting-Mechanik, die Zertifikate mit tatsächlicher Engineering-Kompetenz verwechselt.
Die Vorbereitung auf alle drei Prüfungsreihen kann vollständig ohne praktischen Systemzugang erfolgen. Über Plattformen wie Tutorials Dojo, Whizlabs oder Udemy lernen Kandidat:innen exakt jene Fragen, die im Test drankommen. Prompt-optimierte LLMs wie ChatGPT liefern heute in Sekunden vollständige Antwortlogiken.
Viele der Kandidat:innen, die ein Associate-Zertifikat tragen, haben:
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nie ein Deployment automatisiert,
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nie ein IAM-Rollenkonzept entworfen,
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nie eine Drift Detection eingerichtet,
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nie einen Incident abgefangen oder dokumentiert,
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nie Terraform in einem produktiven Team genutzt.
Was echte Cloud Engineers tun – und wie du sie erkennst
Produktiv arbeitende Cloud Engineers zeigen Verantwortung. Sie argumentieren Architekturentscheidungen. Sie kennen Kosten, SLAs, Log Pipelines, Deployments und Compliance-Risiken.
Wer Terraform nutzt, spricht über State Management, Locking, Modularisierung, Secrets Handling. Wer CI/CD verantwortet, kennt Rollback-Strategien, Approval Gates, Branching-Strategien. Wer Incident Response übernimmt, denkt in Runbooks, On-Call-Strukturen, Alert Fatigue und RCA-Workflows.
Und vor allem: Wer Verantwortung trägt, denkt in Risiken und Absicherungen – nicht in Zertifikatsfragen.
Warum CV-Screenings und Keyword-Matching bei Cloud-Rollen versagen
Zertifikate, Toolnamen, Projekterwähnungen – all das ist einfach zu scannen. Aber es liefert kein Bild darüber, was ein:e Kandidat:in wirklich verantwortet hat. Ob Architekturentscheidungen begründet wurden. Ob Systeme unter Last performt haben. Ob SLAs gehalten wurden.
CVs zeigen Assets – aber keine Ownership. Wer auf Basis von Zertifikaten und Buzzwords einlädt, betreibt Illusionsrecruiting.
Wie indivHR Engineering-Kompetenz erkennt – und nicht Wissen testet
Wir simulieren keine Prüfungen. Wir simulieren Realität. Unsere Gespräche decken auf, ob jemand Incidents versteht, FinOps beherrscht, technische und betriebliche Anforderungen integriert und Systeme skaliert hat.
Wir sprechen nicht über Zertifikate. Wir sprechen über Loggingstrategien in produktiven Setups. Über Netzwerk-Designs in Multi-Region-Architekturen. Über Shared Responsibility in Security Audits.
Und deshalb liefern wir Talente, die produktiv, stabil und skalierbar bauen – nicht solche, die prüfen können.
Zertifikate zeigen Lernbereitschaft – aber keine Systemverantwortung
Zertifikate sind ein Einstieg. Sie helfen, Wissen aufzubauen. Aber sie sind kein Maßstab für Engineering-Fähigkeit. Wer Cloud-Systeme verantwortet, handelt unter Risiko, unter Zeitdruck, unter Budget. Das prüft keine Urkunde.
Recruiting, das auf Zertifikate setzt, verfehlt die Besten – und lädt Blender ein. Recruiting, das auf Engineering-Kompetenz prüft, gewinnt die Talente, die Systeme wirklich tragen.
Genau das tut indivHR.