Recruiting-Expertin Ilka Szentkiralyi über die neue Realität der Personalbeschaffung – und wie Unternehmen den Herausforderungen eines sich verändernden Arbeitsmarktes begegnen können.

Wie hat sich das Bewerberverhalten in den letzten Jahren verändert? Wohin geht der Trend? Ilka Szentkiralyi, Gründerin der Active Sourcing Boutique indivHR: Die Bewerber von heute sind selbstbewusst und wissen, was sie wollen – und was sie nicht wollen. Sie fragen nicht: „Was erwartet das Unternehmen von mir?“, sondern: „Was tut das Unternehmen für mich?“ Dabei geht es nicht unbedingt um monetäre Vorteile. Für junge Bewerber ist es viel wichtiger, wie viele Überstunden gemacht werden, wie schnell sie Verantwortung übernehmen können und welche Sinnhaftigkeit der Job mit sich bringt.

Gerade gut ausgebildete junge Bewerber wissen, wie schwierig es für Unternehmen geworden ist, gute Mitarbeiter zu finden. Die Nachfrage nach qualifizierten IT-Fachkräften ist so hoch, wie schon lange nicht mehr. In dieser Hinsicht sind sie in der privilegierten Position, Forderungen stellen zu können. Vor ein paar Jahren sah das noch ganz anders aus. Gute Jobs waren heiß umkämpft und junge Bewerber mussten sich den Anforderungen der Unternehmen beugen.

Bei älteren Bewerbern ist das ein bisschen anders. Für sie ist es auch heute nicht so einfach, einen guten Job zu finden. Die über 50-Jährigen von heute sind viel kompromissbereiter als die jüngere Generation. Trotz ihrer jahrelangen Berufserfahrung denken Unternehmen oft weniger an sie. Und sie neigen dazu, teurer zu sein. Außerdem befürchten Unternehmen, dass ältere Arbeitnehmer häufiger krank sind und sie daher mit längeren Ausfallzeiten rechnen müssen. Außerdem hat vor allem die Babyboomer-Generation gelernt, sich unterzuordnen. Leider trifft dies besonders auf Frauen zu.

Doch nicht alle Unternehmen können oder wollen sich mit dem harten Wettbewerb um gut ausgebildete junge Bewerber stellen. Gerade international tätige Unternehmen suchen verstärkt im Ausland nach geeigneten Kandidaten. Sie sind vielleicht nicht immer so gut ausgebildet, aber sie haben weniger Ansprüche. Im Gegenzug sind einige Unternehmen bereit, in die Aus- und Weiterbildung ausländischer Bewerber zu investieren, z.B. im Rahmen von Praktikantenprogrammen.

Interessanterweise gibt es das sogenannte Generation-Y-Phänomen in den süd- und osteuropäischen Ländern nicht. Dort ist die Arbeitslosigkeit zum Teil hoch und Bewerber haben deutlich weniger Macht, als hierzulande. Für mich geht daher der Trend – vor allem in großen Unternehmen – eindeutig in Richtung einer Globalisierung des Arbeitsmarktes.

Welche neuen Anforderungen bringen die Millennials und die nächsten Generationen mit sich? Im Gegensatz zur Generation Y, die vor allem den eigenen Nutzen und die Erfüllung der eigenen Wünsche zu sehen scheint, geht es den nächsten Generationen wohl eher um Karriere und schnelles Vorankommen. Gleichzeitig zeigt die jüngere Generation eine stärkere Tendenz zu engeren Bindungen. Werte wie Familie, Ehe und Treue werden wieder wichtiger.

Wie sollten Unternehmen auf diese veränderten Motivationsmechanismen reagieren? Neben Förderprogrammen, Auslandsaufenthalten und der schnellen Übertragung von Verantwortung geht es vor allem darum, den Bewerbern die Bedeutung des Berufes bewusst zu machen. Zum Beispiel werden im deutschsprachigen Raum dringend IT Spezialisten mit bestimmen Niche Skills gesucht. Um diese Jobs ausüben zu können, ist ein Abschluss in einem technischen Bereich erforderlich. Es folgt eine kontinuierliche Weiterbildung und Spezialisierung. Der Ausbildungsprozess ist daher ziemlich lang und wird über Trainee- und Ausbildungsprogramme bei den Unternehmen fortgeführt. Damit entsteht bereits in dieser Phase eine enge Bindung an das Unternehmen.

Es geht also darum, den Kandidaten zu erklären, was Sie als Unternehmen auch für die Weiterbildung der Mitarbeiter tun. Und das ist getrennt von den finanziellen Aspekten. Weil aber oft die Zahlen und die eigene Eitelkeit im Vordergrund stehen, tun sich manche Unternehmen schwer damit. Ich habe oft die Sätze gehört: „Unser Unternehmen hat ein so hohes Prestige, dass wir immer Bewerber finden werden – auch wenn wir in Sachen Personalentwicklung wenig zu bieten haben.“ Aber wenn Sie sich die demografische Entwicklung in den nächsten Jahren anschauen, werden Sie sehen, dass es in Zukunft viel weniger Bewerber geben wird. Sich auf unserem bestehenden Image auszuruhen, ist meiner Meinung nach einfach nur kurzsichtig und arrogant. Und kein gebildeter junger Bewerber wird freiwillig zu einem arroganten Unternehmen gehen, wenn er andere Alternativen hat.

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Ilka Szentkiralyi ist Recruiting Expertin und Geschäftsführerin von indivHR. Einer Active Sourcing / Recruiting Boutique, welche auf die Suche von IT ExpertInnen im deutschsprachigen Raum spezialisiert ist.

Welche Branchen spüren den Wandel besonders stark – und wie sollten sie damit umgehen? Die Änderung betrifft alle Branchen. Eine Branche, die bis vor ein paar Jahren sehr beliebt war und sich die Kandidaten aussuchen konnte, war die Beratungsbranche. Doch selbst die erfolgsverwöhnten großen Unternehmensberatungen haben es zunehmend schwerer, geeignete Kandidaten zu finden. Sie finden immer noch welche, ohne Abstriche machen zu müssen. Aber der Pool, aus dem sie schöpfen, wird immer kleiner. Einer der Hauptgründe ist die große Anzahl von Arbeitsstunden in dieser Branche. 60 bis 80 Stunden pro Woche sind ganz normal. Außerdem landen sie schon recht früh in einer fachlichen Führungsposition, aber nicht in einer disziplinarischen. Das wiederum kann ein Nachteil sein, wenn sie später eine höhere Position in der Branche anstreben.

Natürlich sind kleine und mittlere Industriebetriebe in ländlichen Gebieten in einer besonders schwierigen Situation. Wer möchte schon als junger Mensch nach seinem Abschluss in einer abgelegenen Kleinstadt arbeiten? Wenn ein Unternehmen nicht etwas Besonderes bieten oder die Sinnhaftigkeit der Arbeit vermitteln kann, wird es in den kommenden Jahren noch schwerer sein, Bewerber anzuziehen.

Wie werden sich Unternehmen und Bewerber in Zukunft begegnen? Was wird sich in Bezug auf die Einstellung ändern, was bleibt gleich? Ich denke, dass Unternehmen in Zukunft noch mehr in das Mitarbeitermarketing investieren und ihr Profil als Arbeitgeber in der Öffentlichkeit präsentieren müssen. Die Mission und Vision des Unternehmens spielen dabei eine große Rolle. Wer sind wir? Wo wollen wir hin? Warum tun wir, was wir tun? Soziale Netzwerke spielen nach wie vor eine große Rolle. Aber auch traditionelle Wege, wie Tage der offenen Tür, sind wichtig. Unternehmen müssen sich mehr öffnen und zeigen, wer sie sind. Es ist wie mit dem Individuum: Wenn ich nicht zeige, wer ich bin, werden die Menschen, die zu mir passen, mich nicht finden können.


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